Hörspiel-Podcast des LWL-Medienzentrums
Westfalia – Westfalen und der Kolonialismus
Mit der Kolonialgeschichte Westfalens und wie sie unser Leben bis heute prägt, befasst sich eine neue Audioproduktion des LWL-Medienzentrums. Seit dem 20. Juni 2024 kann „Westfalia – Westfalen und der Kolonialismus – ein fiktiver Hörspiel-Podcast mit echten Expert*innen“ auf allen gängigen Plattformen inklusive YouTube gehört werden.
Protagonistin Lena findet das Buch „Ich suchte Land in Afrika“ von 1942 bei ihrer Oma in Münster im Bücherregal. Was sich zunächst wie ein Abenteuerroman liest, sind die Erinnerungen des Münsterländers Heinrich Schulte-Altenroxel (1867-1947) an seine Zeit als Kolonist in Südafrika am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert. Lena begibt sich auf Spurensuche: Warum gab es in Südafrika eine Plantage namens „Westfalia“? Wer baute vor über 100 Jahren in Münster Tabak an? Und was hat unser Leben heute hier in Westfalen noch immer mit der Kolonialzeit der Kaiserzeit zu tun?
In sechs Folgen spannt ein Zusammenspiel aus szenischem Hörspiel, Zitaten aus historischen Quellen und O-Tönen von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und aktivistischer Szene einen Bogen von der gewaltsamen kolonialen Vergangenheit zum alltäglichen Kaffeetrinken heute. Dabei geht es um koloniale Verflechtungen von Handelsbeziehungen, Verbrechen aus der Kolonialzeit und das Leben in der heutigen diversen Gesellschaft.
Die Autorin des Podcasts Anne Kluger legt viel Wert auf postkoloniale Geschichtsschreibung: „Wir wissen heute, dass Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur in Deutschland auch jenseits der großen Städte mit dem Kolonialismus verflochten waren.“ Des Weiteren hebt sie die Wichtigkeit der Reflektion der eigenen Person hervor: „Langzeitwirkungen gibt es bis heute – in Stadtbildern, in Museen und Archiven und vor allem in unseren Köpfen. Dazu gehört auch, meine eigene Perspektive als weiße Autorin und die damit einhergehenden Privilegien und blinden Flecken zu reflektieren.“ Co-Autorin Tatjana Niederberghaus betont: „Mir war es wichtig, dass der Hörspiel-Podcast ein großes Themengebiet verständlich erzählt und wir nicht erst sperrige Fachliteratur lesen müssen, um zu verstehen, was der Kolonialismus und seine Folgen sind.“
Durch den Podcast soll zum Perspektivwechsel angeregt werden. Die romantisierenden und teilweise rassistischen Aussagen Heinrich Schulte-Altenroxels werden immer wieder unterbrochen, korrigiert und eingeordnet. „Es wird Zeit, dass wir uns vom weißen, eurozentrischen Blick lösen und auch andere – nicht weiße – Perspektiven wahrnehmen und ihnen Raum geben. Denn ansonsten wird der Gemeinschaft die Möglichkeit genommen zu lernen und neue Erfahrungen zu machen“, erklärt Niederberghaus und ruft damit zu mehr Offenheit gegenüber anderen Perspektiven und Kulturen auf.
Gefördert wurde der neue Hörspiel-Podcast des LWL-Medienzentrums für Westfalen von der LWL-Kulturstiftung im Rahmen des Themenjahres 2024 "POWR! Postkoloniales Westfalen-Lippe", an dem zahlreiche weitere Kultureinrichtungen und Museen in der Region mit Projekten und Ausstellungen beteiligt sind.